
AUF DEM
FELDE
Bauer und Bäcker bilden eine Schicksalsgemeinschaft, der Ertrag des einen ist der Rohstoff des anderen. Getreideanbau und Brot entwickelten sich daher parallel.
Die Entwicklung von Getreideanbau und Brot ging Hand in Hand – sowohl sortentechnisch als auch geographisch: vom Zweistromland an Euphrat und Tigris nach Ägypten, aber auch – mit einer Geschwindigkeit von einem Kilometer jährlich – über das Mittelmeer, Griechenland, Italien und Frankreich bis über die Alpen.
Auf dieser Reise ändern sich Böden und Klima, es ändern sich daher auch die angebauten Getreidesorten und mit ihnen das Brot. So sät man auf den mageren, alkalischen Böden des Nahen Ostens vorwiegend Gerste, im feuchten Klima Südostasiens gedeiht der Reis, in Lateinamerika der Mais, auf dem fruchtbaren Nilschlamm Ägyptens der Weizen. Anders ist es nördlich der Alpen: dort wird Brot als Kohlenhydrat-Lieferant zwar benötigt, das raue Klima setzt dem Weizen aber zu. Hafer und Roggen sind da schon wesentlich resistenter und bald schon Kennzeichen mitteleuropäischen Brotes.
Gerste, Weizen, Hafer, Roggen, Reis, Mais: Egal, von welchem Getreide man spricht – Anbau und Ernte sind die erste Arbeit der Geschichte und stets Knochenarbeit, die viele Bauern in Europa bis herauf ins 19. Jahrhundert oft als Leibeigene verrichten. Not und Elend sind ihre ständigen Begleiter, die Produktivität so gering, dass neun von zehn Menschen damals in der Landwirtschaft schuften. Nur, um genug Nahrung für sich und die restlichen zehn Prozent zu produzieren. Das ändert sich erst dank technischer Neuerungen – vom Pflug bis zum Kunstdünger. Heute braucht es gerade einmal zwei Bauern, um hundert Menschen zu versorgen. In die Schicksalsgemeinschaft Bäcker-Bauer ist also noch eine dritte Gruppe eingeschlossen: wir alle.